Forststraßen als Lebensraum
Im Auftrag des Naturraummanagements der Österreichischen Bundesforste AG (ÖBf) sind wir im Rahmen des EU-Programms LE 14-20 in den Jahren 2017 bis 2019 der Frage nachgegangen, welche Rolle Forststraßen für Tiere und Pflanzen spielen.
Welche Arten kommen hier vor?
Welche Faktoren prägen die Lebewelt an Forststraßen?
Sind Forststraßen im Wirtschaftswald als Lebensraum naturschutzrelevant?
Wie können positive Effekte von Forststraßen auf die biologische Vielfalt verstärkt und nachteilige Effekte minimiert werden?
Um diese Fragen zu beantworten, wurden in fünf Regionen vom Lungau bis in den Wienerwald umfangreiche Erhebungen der Tier- und Pflanzenwelt an Forststraßen und in deren Umland durchgeführt und die gewonnenen Daten einer eingehenden statistischen Analyse unterzogen.
Projektpartner waren die Büros grünes handwerk und "V.I.N.C.A." - Institut für Naturschutzforschung und Ökologie GmbH.
Forststraßenböschungen erweisen sich bei näherer Betrachtung als überraschend reichhaltige Lebensräume. Eine breite Palette trocken-warmer, schütter bewachsener, steinig-felsiger oder nasser Sonderstandorte entlang der Forststraßen ermöglicht das Vorkommen zahlreicher gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, von denen viele im umliegenden Wald fehlen.
Besonders die licht- und wärmeliebenden Organismen des Offenlandes und der Saumbiotope – etwa Schmetterlinge, Heuschrecken und Reptilien – profitieren hier von Lebensraumangeboten, die in der intensiv genutzten agrarischen Kulturlandschaft bereits weitgehend abhandengekommen sind.
Angesichts der beträchtlichen Länge des österreichischen Forststraßennetzes von mehr als 100.000 km kommt diesen Ersatzlebensräumen, die zugleich Verbundsysteme darstellen, eine hohe naturschutzfachliche Bedeutung zu.
Demgegenüber sind nachteilige Wirkungen von Forststraßen wie die Lebensraumzerschneidung für wenig mobile Kleinorganismen des Waldes, die Einbringungen von Nutzungsintensivierungen und Störungen sowie die ungewollte Entstehung von Reproduktions- und Prädationsfallen zu nennen, denen durch geeignete Maßnahmen entgegengetreten werden kann und soll.
Die Ergebnisse wurden in einem Fachbericht und – begleitet von einer breit aufgestellten Projektsteuerungsgruppe – in einem umfangreichen Best-Practice-Handlungsleitfaden für den naturschutzgerechten Umgang mit Forststraßen aufbereitet.
Sie wurden im Rahmen des 11. ExpertInnenforums des Naturraummanegements einem interessierten Fachpublikum vorgestellt und werden in weiterer Folge öffentlich zugänglich gemacht. Insbesondere wird die Erstellung von Printpublikationen und die Online-Bereitstellung des Handlungsleitfadens erfolgen.